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Heidelphoto-Magazin!
Hier eine Reportage, die ich für "Die
Hendsemer" geschrieben habe.
Goldene Konfirmation- 1949
– 1999 Wie war das damals, vor 50 Jahren?
Der Krieg war zu Ende, aber so richtig gut ging es den Leuten damals noch nicht, jedenfalls den meisten. Es herrschte eine schlechte Zeit, in der viele arbeitslos waren. Es war noch die Zeit der Lebensmittelmarken, wo alles zugeteilt wurde. Um ein großes Fest auszurichten, zu dem einige Gäste erwartet wurden, die bewirtet werden wollten, brauchte man mehr Lebensmittel, als man auf die Marken bekommen konnte. So organisierte man sich das Fehlende vom Schwarzmarkt oder man fuhr in den Odenwald zu den Bauern um zu hamstern. Es war eine reinste Völkerwanderung in den Odenwald. Dahin fuhren damals viele Züge und alle waren sie überfüllt mit Menschen, die ihre letzten paar Habseligkeiten, oder alles, was sie entbehren konnten, in Rucksäcke und Taschen gepackt hatten, um es gegen Lebensmittel bei den Bauern einzutauschen. So wurden Bett- und Tischwäsche, Nägel, Nähzeug, Werkzeug, gegen Kartoffeln, Mehl, Speck, Butter, Dosenwurst und Eier, wenn man sie heil heimgebracht hat, eingetauscht. Die Familie hat sich sehr angestrengt, was Gutes auf den Tisch zu bringen, und die Verwandten haben sich gefreut, eingeladen zu werden. Für das Essen wurden die Lebensmittelkarten aufgespart, und für das Fleisch aufgehoben, weil man da statt einem Pfund zwei Kilo gebraucht hatte. So wurde wochenlang vorher kein Fleisch gegessen.
Wäre man damals bei einem Konfirmanden zu Gast gewesen, so hätte man zum Beispiel folgendes Menü bekommen:
Vorspeise: Grünkernsuppe mit Markklößchen
Zwischengericht: Gekochtes Suppenfleisch mit Salzkartoffeln und Meerrettich
Hauptgericht: Fleisch mit Soße und Nudeln oder Kartoffeln, Gemüse und Salat
Nachtisch: Bisquit und Weinsoße
Später: Kaffee und Kuchen
Abends: Belegte Brote
Bei manchen hat es nicht zu einem Menü gereicht, so gab es z.B. Schälrippchen, was so im häuslichen Rahmen machbar war, und hauseigenen Wein. Manche Familie hatte etwa 30 Kuchen gebacken, von denen etwa die Hälfte ausgetragen wurde, an Freunde und Bekannte, die etwas geschenkt haben. So blieb von den Kuchen nichts mehr übrig. Die Kuchen wurden von der Familie gebacken, wer keinen eigenen Backofen hatte, gab seinen Kuchen zum Bäcker, um ihn dort backen zu lassen. Aus Platzmangel wurde meist ein Zimmer ausgeräumt, sogar das Schlafzimmer, wenn es das größte Zimmer in der Wohnung war. Ein Wohnzimmer hatte nicht jeder. Die Betten wurden abgebaut, Tische und Stühle reingestellt, wer nicht genug hatte lieh sich die Sitzmöbel in Gaststätten oder in der Nachbarschaft aus, so daß etwa 30 Personen Platz hatten. Soviel Gäste bewirtete manche Familie. Nachts, nach der Feier wurden die Betten wieder aufgestellt.
Früher haben die Eltern und die Paten zusammengelegt, um das Fest zu gestalten. Heute bleiben die Kosten hauptsächlich an den Eltern hängen. Die Geschenke waren nicht so üppig wie heute, 40 DM waren ein Vermögen, soviel hatte man im Vorjahr zur Währungsreform pro Person bekommen. Man freute sich damals auch über sogenannte Kleinigkeiten, es brauchten nicht die großen Geschenke zu sein, selbst über eine Schere hatte man sich gefreut.
Das Konfirmationskleid oder der Konfirmandenanzug Stoffe gab es damals auch noch nicht so viel zu kaufen, jedenfalls waren sie teuer, und so mußte manche Konfirmandin ein geborgtes Kleid, das der Schwester oder das ihrer Patin, die war für das Konfirmationskleid üblicherweise zuständig, auftragen. Nicht viel anders erging es den Jungs. Einige hatten sich den Konfirmationsanzug ausgeborgt, schwarze Anzüge waren schlecht zu bekommen. Einige erschienen in kurzen Hosen, weil es am allernötigsten fehlte. An diesem Tag trugen sie die erste Krawatte, und manch einem sind die steifen Schuhe noch wohl in Erinnerung.
Die Geschenke Für die Buben war eine Armbanduhr das Größte der Geschenke, die gab es meist vom Paten. Das war jedoch nicht bei allen möglich. Über ein Taschenmesser oder einen Kompaß waren sie schon überglücklich. Die Mädchen bekamen üblicherweise von der Patin das Kleid, von den Eltern eine Kette und die Unterwäsche, ebenso die Schuhe, Verwandte und Bekannte gaben z. B. das Gesangbuch, ein Spitzentuch um das Gesangbuch einzuschlagen, Geld, Unterwäschegarnituren, Schmuckkästchen, Sammeltassen und Blumen, Taschentüchersets und Topfpflanzen.
Der Konfirmandenausflug Der Konfirmandenausflug war für viele Konfirmanden der Höhepunkt. Er fand nach der Konfirmation statt. Die Nordpfarrei fuhr mit dem Bus und Pfarrer Vogelmann zum Speyrer Dom. Nach der Besichtigung des Doms wurden die Konfirmanden auf einer Rheinwiese sich selbst überlassen, während der Pfarrer sich in der Wirtschaft an Wein und Speise labte. Sie spielten auf der Wiese und aßen ihr Vesperbrot. Als sie von Speyer wieder heimfuhren kamen sie durch den Hardtwald, wo es zu der Zeit sehr viele Maikäfer gab. Die Kinder hatten ihre leeren Vespertüten noch dabei, sie konnten es sich schließlich nicht leisten, wie der Pfarrer essen zu gehen, und nahmen sich so ihre Brote von zu Hause mit. Bei einer Pause sammelten die Konfirmanden Maikäfer, die sie von den Bäumen schüttelten, bis sie selbst voll von diesen braunen Krabblern waren, und steckten sie in die leeren Tüten. Dann stiegen sie wieder in den Bus. Der Pfarrer sah aus dem Fenster, dabei flog ihm sein Hut weg. Dabei rief er: „Mein Hut! Mein Hut!“, bis der Fahrer anhielt. Der Hut war dann nur noch ein kleiner Punkt am Horizont. Der Pfarrer schickte einen Buben, um seinen Hut zu holen. Während dieser Pause wurden die Maikäferbestände noch aufgestockt. Als Pfarrer Vogelmann seinen Hut wiederhatte fuhren sie weiter. So nach und nach gingen die Tüten auf und die Käfer summten durch den ganzen Bus. Der Pfarrer schimpfte und begann die Maikäfer zu zertrampeln, die Kinder mußten ihre Tüten hinauswerfen, inzwischen wimmelte es überall vor lauter Maikäfern, die Fenster wurden geöffnet, daß der Schwarm hinausfliegen konnte, unter dem Gelächter der Konfirmanden.
Die Südpfarrei machte keinen Konfirmandenausflug.
Der Konfirmation ging natürlich der Konfirmandenunterricht voraus, es folgten noch zwei bis drei Jahre Christenlehre. Die Nordpfarrei wurde zu Judika und die Südpfarrei zu Lätare konfirmiert. Die Konfirmanden spielten ihrem Pfarrer viele Streiche, so sperrten die Buben die Mädchen in den Konfirmandensaal ein, oder beschmierten die Türklinke mit Wagenschmiere. Der Konfirmandenunterricht wurde nach Geschlechtern getrennt gehalten. Auch bei der Christenlehre befanden sich Schelme, die dem Pfarrer Streiche spielten, da waren zwei Jahrgänge vereint, um Bibelstunde zu halten. Bei der Südpfarrei war das die letzte Konfirmation in der Amtszeit von Pfarrer Höfer. Die Christenlehre hielt Pfarrer Schöner.
Die Goldene Konfirmation war am 21.3.1999, 50 Jahre später in der Friedenskirche, die goldenen Konfirmanden bekamen Sträußchen angesteckt und gingen in die Kirche, um an der Feier und am Abendmahl teilzunehmen. Den Gottesdienst hielten Pfarrerin Schwarz und Mitkonfirmand Pfarrer Werner Keller. Anschließend war Totengedenken auf dem Friedhof. Zum Mittagessen ging es in das Kasino des Max- Planck Instituts, wo es auch Kaffee und Kuchen gab.
V. Holz
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